Da wir nun doch länger in Alba geblieben sind, ist klar, dass wir die Fiera Internazionale del Tartufo Bianco d’Alba aufsuchen.
Menschen queren den Piazza Risorgimento, sei es auf dem Weg zur Cattedrale die San Lorenzo, sei es, weil sie wie wir einen freien Platz in einer Café-Bar suchen oder andere, die einen Musiker, der mit Füssen, Händen und Mund Rhythmen erzeugt – gleichzeitig – beobachten wollen. Ein betagter Mann schmunzelt, seine Frau schaut ihm zu. Beide gebeugt, nicht gebeutelt, aber vom Alter gezeichnet. Dunkle Kleidung, adrette Haarschnitte, gepflegte Erscheinung. Niedlich sehen sie aus, die zwei. Niedlich? Keine Ahnung was die denken würden, wenn sie diese Zuschreibung über sich hörten. Vielleicht waren sie Lebensmittelverkäufer, hatten einen eigenen Laden und bedienten stolz und mit Würde ihre Kundschaft. Vielleicht war sie Hausfrau und zog eine Schar Kinder gross und er ging regelmässig zur Arbeit. Eine anspruchsvolle Arbeit. Eine führende Arbeit. Beide lieben Kunst oder haben Freischaffende in ihre Herzen geschlossen. Auf alle Fälle kramt er in den Tiefen seiner Hosen- und Jackentaschen. Er wird nicht fündig, das Schmunzeln weicht einer Enttäuschung. Sie sagt etwas, er folgt ihr. Sie ziehen weiter langsam über den Marktplatz auf dem sie zuvor dem Musiker, eine Münze hätten geben wollen.
Noch quellen die Strassen nicht über von Menschen, die sich in wenigen Stunden durch die Gassen wälzen werden, zwischen Hausmauer und Marktständen. Trotz Nieselregen wird es kaum Schirme geben, keine Hektik aufkommen, hie und da wird ein lautes, erfrischtes Lachen zu hören sein, wenn der Italiener mangels Rückfahrsignalton am Minibus laut aus dem Fenster pfeift. Eh! E vecchio! E la metoda neapolitana! Es ist «Fiera, Fiera Tartufo Biancho».
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Das Fest sei stets von Freitag bis Sonntag. Am Freitagabend stellten sie noch immer ihre Buden auf. Am Samstagmorgen sichtete man Heuballen, die Halbkreise zu Hausmauern abgrenzen, Holzkreise, in der Mitte einen weiteren Kreis beherbergend aus dem lange Stangen ragen und in einer anderen Nische handgebastelte Pferde, die etwas mittelalterlich wirken. Was das werden wird? Im Moment ist es noch nicht erkennbar.
Nun ist es soweit, am Abend und erst am Samstagabend finden die Spiele statt. Die Marktstände sind weg, die Touristen sind geblieben und Schirme hat es etwas mehr, es nieselt noch immer. Ja, es hat viele Menschen und doch nicht so viele, so dass man sich noch immer wohl fühlt.
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Die Stangen entpuppen sich als Angelruten, mit denen man versucht am Schnellsten eine Weinflasche zu kapern, die Heuballen markieren die Grenze zu aufgehängten Würsten, die mit Darts beworfen werden und auf den mittelalterlichen Pferden hopsen Erwachsene eifrig auf und ab, in der Hoffnung als erste, einen in einem Holzrahmen befindlichen Ballon aufzupumpen und zum Platzen zu bringen.
So schlendern wir weiter durch die Stadt, Arm in Arm, gucken dahin und dorthin, sehen Junge und Alte, die Stimmung entspannt, manche Piadinas essend, andere ein Bier oder einen Wein trinkend, andere hocken auf niederen Fenstersimsen und geniessen in Käse klebende Gnocchis. Ob die Grilleure ihr Rippchen los werden? Der Nieselregen geht langsam in einen Landregen über. In der Stadt scheinen sich die Gassen zu leeren, die Beizen zu füllen. Es ist Zeit den Weg zum Campingdorf auf sich zu nehmen, vierzig Minuten zu Fuss. Wir wollen nicht klitschnass und tropfend unser Kistchen (den Rookie Wohnanhänger) verkleckern. Doch so ein Abendspaziergang im Lichte der Nacht ist etwas Wunderbares.
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