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Leipzig

Leipzig bewölkt oder bei Regen sieht eher eng und wenig einladend aus. Sobald aber die Sonne scheint, wie heute am Muttertag, dann zeigt sich Leipzig von der interessanten Seite. In der Innenstadt spielen Strassenkünstler auf. Moderne Klänge vermischen sich mit klassischen.

 

Es lohnt sich zudem die Aussenquartiere zu besuchen, da sie erst die Weite der Stadt und die Grösse der Parks verdeutlichen. Besonders beeindruckt hat mich die August-Bebel-Strasse mit den Gipsstukaturen an den Hausfassaden. Klar, die sieht man auch anderswo, doch hier leuchteten sie heute so schön in der Sonne. Ausserdem darf man sich von dem etwas grausligen Namen «Völkerschlachtdenkmal» nicht abhalten lassen, dasselbe aufzusuchen. Die Überwindung hat sich gelohnt.

 

Mit dem Velo fährt man vom Campingplatz Auensee auf dem Damm der neuen Luppe, dem Elsterbecken und -flutbecken entlang bis vor die Stadt, dann durch den Clara-Zetkin-Park hindurch, einmal links und einmal rechts abbiegen, über die Brücke und von weitem sieht man das Panometer, das heute ein 360°-Kino ist sowie das Völkerschlachtdenkmal. Es steht auf einer Anhöhe und erinnert an eine Mischung von Sphinx, Pyramide und Wehrmännerdenkmal. Es ist riesig und monumental.

 

Das Völkerschlachtdenkmal kann man sowohl zu Fuss über zig Stufen hochsteigen (was sich lohnt) oder fast bis oben mit dem Lift hochfahren. Die Aussichtsplattform, die zuoberst ist, kann nur über eine schmale Treppe erreicht werden. Eine Ampel zeigt an, ob man die letzten 50 Stufen zur Plattform betreten darf oder erst eine Runde warten muss, bis andere runtergekommen sind, da der Aufgang so schmal ist, dass keine zwei Personen aneinander vorbeikommen. Die Aussicht auf die Stadt, und dies wie heute bei so tollem Wetter, ist einmalig. Da gibt es eine 360° Rundumsicht und der Audio-Guide, den man für 1.- Euro zumieten kann, erzählt einem was man vor sich sieht. Überhaupt hat sich dieser Guide gelohnt. Ein Sachse mit seinen weichen Konsonanten (Ginder = Kinder; Durm = Turm) erzählt witzig, wie das Denkmal entstanden ist. Nö, da sag ich nicht mehr dazu, das muss man sich selbst anhören. Also eine Stunde ist schnell vorbei, bis man oben bzw. wieder unten ist, alles betrachtet oder angehört hat.

 

Als wir da sind, findet gerade das LVZ-Fahrradfest statt, was vergleichbar ist mit unseren Slow-Ups. Das sieht ganz frisch aus, die Kinder, die Pärchen und älteren Semester, alle auf dem Velo und in einem azur-blauen T-Shirt, das für die Leipziger Volkszeitung Werbung macht. Das sind auch die Organisatoren dieses Familienfestes, wie sie es bewerben. Ich weiss, ich wiederhole mich, doch echt – es hat ziemlich viele Leute und die Stimmung ist unglaublich ruhig, friedlich und eben «still».

 

Wir fahren mit den Velos zurück in die Stadt, entlang moderner Bauten, alter Plattenbauten, wiederaufgebauten älter gehaltenen Häusern und gigantischen Baufeldern. Im Zentrum gibt es die üblichen Kirchen und Statuen sowie Keller wo sich Von und Zu aufgehalten haben. In Leipzig gilt dies vor allem für Richard Wagner, für Bach und Goethe. Daher gibt es einen Auerbachskeller, ein Café Mephisto eine Goethe-Statue sowie Büsten von Bach und Wagner, ein Wagner Geburtshaus, Wagner Weinwirtschaft, Wagner Museum, Bach Festival, Bach-Museum, Bach-Taler und -Torte, ja gar einen Bach-Kaffee.

 

Da es gestern ganztags regnete, waren wir mit der Strassenbahn in die Stadt gefahren und besuchten am späteren Nachmittag ein Orgelkonzert in der Nikolai-Kirche. Sie ist die grösste und älteste Kirche der Stadt. Ihre Orgel ist berühmt für ihre Grösse, 102 Register und rund 8 000 Pfeifen. Diverse berühmte Orgelbauer haben an ihr gewerkt. Nun denn, die Klänge waren bombastisch und raumfüllend, dröhnend hallten sie von den Wänden der Kirche und ich war froh, um die Grösse derselben. Die zarten Töne füllten den Raum auch, da klang es ganz lieblich und doch voluminös. Die Farben der Nikolai-Kirche sprechen mich besonders an. Das Licht ist warm, die Farben elfenbein, altrosa und «fresken»-grün. Die Säulen enden in Form eines Palmwedels, der quasi wie ein Fächer die Decke stützt. Architektonisch besonders sind die zwei Balkonreihen im Seitenschiff der evangelisch-lutherischen Nikolai-Kirche. 

 

Eingangs heisst es, man müsse eine Fotografier-Erlaubnis einholen. Ich bezweifle indes, dass dies alle gemacht haben, auch wenn niemand moniert wird. Sie hätten auch arg viel zu tun bei den vielen Handys, die da in die Höhe gehalten werden oder auf denen getippt wird.

 

Die Nikolai-Kirche war 1989 zudem Ausgangspunkt der Montagsdemonstrationen und damit der sanften Revolution, die zum Niedergang der DDR und anschliessendem Mauerfall führte.

 

Leipzig ist eine junge Stadt, dies dem Durchschnittsalter der Personen in den Strassen nach zu urteilen. Leipzig ist auch eine grüne Stadt mit unglaublich vielen und grosszügigen Grünflächen, Auenwäldern, Parkanlagen in sowie um die Stadt herum. Ja, und so lässt sich die Stadt mit dem Velo ausgezeichnet erkunden und 25 km sind locker weg.