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Wenn wir schon so stark nördlich sind, dann wollen wir auch die Lutherstadt Wittenberg besuchen. Auch hier stolpert man über ein UNESCO Weltkulturerbe nach dem anderen. Es hat gleich vier in einer einzigen Strasse. Nicht alles ist für mich auf Anhieb so bemerkenswert, doch ich versteh ja auch nicht von allem etwas.
Diesen Winter hatten wir den Film zu Zwingli gesehen. Danach war ich schon fast ein wenig stolz darauf Zürcherin zu sein. Zwingli und Luther sind sich vor Jahrhunderten begegnet und so wollen wir den Spuren Luthers in Wittenberg folgen. Die Kanzel, von der er gepredigt haben soll, die Schlosskirche mit der Türe, an der er die 95 Thesen angeschlagen hatte, die Stadtkirche St. Marien in der er 30 Jahre gepredigt habe sowie das Luther-Haus, welches das grösste reformationsgeschichtliche Museum der Welt beherberge, besuchen wir. Letzteres, dieses Museum, fasziniert. Das Luther-Haus mit seiner berühmten Stube wird durch ein Gebäude moderner Architektur umschlossen und bildet eine harmonische Einheit, die zur Information über Leben und Wirken Martin Luthers und seiner Frau Katharina Bora berichtet. Ich habe doch tatsächlich alle Informations-Stelen im Museum gelesen. Die Informationen sind packend und anschaulich beschrieben. Schade gibt es nichts Ähnliches zu Zwingli. Das ist mir zumindest nicht bekannt. Jetzt, da ich dank meiner partiellen Frühpensionierung Zeit habe, habe ich auch die erforderliche Musse mich mit Themen auseinanderzusetzen, die mich interessieren, die aber bis heute kaum Raum fanden. So eine Frühpensionierung hat durchaus seinen Reiz.
Da die Lutherstadt Wittenberg noch viel mehr zu bieten hat, fahren wir tags darauf gleich wieder mit dem Velo hin. Der Campingplatz liegt 16 km entfernt am super idyllisch gelegenen Bergwitzsee. Dieser See ist künstlich. Er ist aus dem verbleibenden Loch, das durch den Tagebau der Braunkohleförderung übriggeblieben ist, entstanden und hat sich aus sieben Quellen mit Grundwasser gefüllt.
Der Weg in die Stadt führt über ein Teilstück der Fahrrad-Route Nr. 1 durch Europa und ist sowohl gut ausgeschildert als auch schön angelegt. Kilometerweise führt er an heckengesäumten leuchtenden Rapsfeldern entlang oder durch Kiefer- und Mischwälder. Der Duft von Harz und Terpentin der frisch geholzten Bäume hängt in der Luft. Einmal gleitet eine Schleiereule mit ihrem weiss und gelbbraunen Gefieder an uns vorbei. Wind begleitet uns auf dem Hin- wie auch auf dem Rückweg. Zurück stemmen wir uns gegen den Wind und sind froh, das fast drei Kilometer mit Pflastersteinen besetzte letzte Teilstück des Wegs zu erreichen, im Wissen, dass der Campingplatz nun nicht mehr weit ist.