Nett, dass es nicht wie am Morgen in Strömen regnet, als wir die kurze Strecke zu Fuss zum Museum zurücklegen. Es ist unter der Woche durchgehend geöffnet von 10:00 – 18:00 Uhr. Den Eintrittspreis empfinde ich als fair und Pensionäre erhalten einen Rabatt.
Es sei die letzte Ausstellung in diesem Museum, die noch zusammen mit Franz Gertsch geplant werden konnte.
Wir beginnen im Raum «Farbproben», die eine Auswahl seines Holzschnitt-Schaffens dokumentiert. Erst sehen wir ausschliesslich helle Punkte auf farbigem Grund. Die Angaben neben den Farbproben erhellen in erster Linie, dass Kumohadamashi Papier, des Japaners Heizaburo Iwano, verwendet wurde. Den Namen kann ich nach wenigen Bildern bereits auswendig.
Weiter gehen wir, von Farbprobe zu Farbprobe, entdecken Verdichtungen, Bewegung, glauben ein Gras zu erkennen, ein Auge, bis wir an der vierten Seitenwand sowohl dicht vor der Farbprobe als auch aus Entfernung Fragmente erkennen. Ein Auge, ein Gesichtsausschnitt. Je mehr wir die hellen Punkte betrachten umso mehr ziehen uns diese in ihren Bann. So wenige Elemente. Farbe flächig aufgetragen, dazwischen helle Auslassungen, die durch ihre Anordnung so viel Erkennbares gestalten. Faszinierend!
Im Untergeschoss bleibe ich beim Eingang zum Raum mit den grossflächigen Bildern der vier Jahreszeiten staunend stehen. Das ist es, was ich von Gertsch kenne. Bilder, gemalt, die wirken, als seien sie ein Foto in Grossformat. Frühling, Sommer, Herbst und Winter, im Uhrzeigersinn angeordnet. So gross, dass ich gefühlt gleich in den Wald spazieren gehen könnte. Ich trete näher, will die Punkte sehen, wie bei den Farbproben. Doch diese Bilder sind anders. Mir wird fast schlecht, beim nahen betrachten der unteren rechten Ecke im Frühlingsbild, so verschwommen, so unscharf, wirken die Farbplatzierungen und ziehen mich nichtsdestotrotz in ihren Bann, auch wenn ich Abstand nehmen muss, um das unangenehme Gefühl der Unschärfe los zu werden. Wie bloss hat er das gemacht? Wie orientiert man sich auf so einer riesigen Wand? Ich weiss, man kann Fotos projizieren und zu Zeiten Michelangelos oder Artemisia Gentileschi konnten genauso grosse Bilder angefertigt werden, ohne dass Projektoren zur Verfügung gestanden hätten. Dennoch, unglaublich – unglaublich beeindruckend.
Es freut mich, dass Gertsch zu Lebzeiten ein Museum erhielt und seine Bilder der Öffentlichkeit zugänglich sind. Beindruckt bin ich auch, als ich lese, dass Willy Michel bis ins Jahr 2040, jährlich eine Million für das Museum garantiert.