Oft war ich am Arbeiten, wenn die Solothurner Literaturtage eröffnet wurden. Bestimmt waren es dringliche Sitzungen oder Termine, die sich nicht «einfach so» verschieben liessen. Doch dieses Jahr war alles anders. Online, halt. Aber bei was für prächtigem Wetter.
Als ich las, dass Peter Bichsel teilnehmen werde, stand für mich fest, dass ich diesen Event online besuchen will. Fünf Minuten vor Beginn setzte ich mich an meinen Laptop und war mir sicher auf einen Klick den vorgesehenen Raum betreten zu können. Na, das klappte dann doch nicht ganz so schnell. Ob wohl viele Literaturbegeisterte zeitgleich eintreten wollten und dies zur Verzögerung beitrug? Die Seite wollte und wollte nicht laden. Normalerweise habe ich keine Streaming-Probleme. Die Übertragungsrate schien mir unerträglich langsam, wollte ich doch alles von Anfang an mitbekommen. Zehn Minuten nach Beginn, war es soweit und mir sassen der Moderator sowie Peter Bichsel virtuell gegenüber. Das freute mich.
Ich setzte mich auf meinen Balkon, genoss die laue Luft und den weiten Blick in die Berge. Dazu erklang die wohl überlegte und abwägende Stimme Bichsels, der auf die diversen Fragen des Moderators in seinem eigenen Rhythmus antwortete. Nichts lenkte mich ab, ich konnte mit allen Sinnen dem Gehörten nachempfinden.
Ja, es war anders aber prima! Es gab keine Nebengeräusche, kein Räuspern, kein auf dem Stuhl Herumrutschen, Niesen oder Husten. Ein wahrer Genuss. Viel schärfer blieben mir manche Aussagen hängen und manch ein Satz hat mich zum Weiterdenken angeregt. Daher: Gerne wieder mal auch partiell online.
Zitate bei denen ich «hängen blieb»:
- Beobachten ist grauenvoll. Beobachten ist schauen mit einem Vorurteil. Der Polizist und der Soldat beobachten. Sie wissen was sie beobachten sollen.
- Schauen ist vorurteilslos. Bichsel: Ich schaue, ich beobachte nicht.
- Ein Denkender und ein Wissender, das sind zwei verschiedene Dinge. […] denken ist etwas Faszinierendes und hat nichts mit Wissen zu tun.
Da diese Sätze nun quasi in der Luft hängen und nicht mehr im Kontext erscheinen, will ich mal hoffen, dass ich Herrn Bichsel damit nicht beleidige. Auch jene Aussage, dass Lehrpersonen ihn zutiefst beleidigten, wenn sie die Schüler und Schülerinnen aufforderten die Geschichte zum Milchmann weiterzuerzählen, regte mich zum Denken an. Ein Versuch! Wo es hinführen wird?
Irgendwie hat mich dieser Literaturtage-Anlass beziehungsweise dieses Gespräch besonders berührt.