Drei Tage stabiles und mildes Wetter, gemäss MeteoSwiss. Sofort packen wir die Gelegenheit und fahren gleich nach dem Mittagessen von Günsberg via Rüttenen nach Oberdorf, um dort die Passstrasse zum Weissenstein zu erklimmen. Die Strasse ist steiler als ich sie vom Wandern in Erinnerung habe und beobachte, wie die Leistung meiner 500 Wh E-Bike-Batterie dahin schmilzt. Der Übergang nach Gänsbrunnen ist nach gerade niedlich. Mit einer bewältigten Höhendifferenz von 700 Metern geniesse ich die anschliessende Schussfahrt nach Gänsbrunnen besonders.
In Gänsbrunnen zweigen wir in die Route Nr. 54 des Arc jurassien ein und fahren bis Moutier. Dort genehmigen wir uns die erste Pause und ich bitte zum ersten Mal darum, meine Batterie im Restaurant aufladen zu dürfen. «Klar, schauen Sie, hier hat es einen Stecker.» Es wird nicht das letzte Mal auf dieser dreitägigen Tour sein, dass ich über die Bereitwilligkeit des Personals, meine Batterie laden zu dürfen, staunen werde. Ich hatte mir dies schwieriger vorgestellt.
Beruhigt geniesse ich «frisch geladen» die Weiterfahrt ab Moutier nach Delémont auf der Nr. 64 (Lötschberg–Jura). Danach führt der Weg durch Wald hinauf auf den Col des Rangiers. Bei den letzten Metern frage ich mich, ob die Batterie es bis auf die Anhöhe schaffen wird. Meine Reichweite verkündet ca. 300 m vor dem Ziel «0 km» an. Geschafft!
Auf dem Col des Rangiers gibt es ein Restaurant, das am heutigen Sonntag offen ist. Mir gefällt die Landschaft hier. Ich war zuvor noch nie da. Da es bereits 17:00 Uhr ist, fragen wir, ob wir «ein Plättli» haben könnten und erklären kurz was wir darunter verstehen. «Une assiette italienne, bien sûr.» Sie machen uns ein köstliches Plättli, das wir nach den diversen Aufstiegen heute ausgesprochen schätzen, während ich die Batterie neben mir wieder laden kann. Es hat im Aussenbereich, gleich beim Tisch eine Steckdose.
Die Strecke von Zuhause bis hierher war landschaftlich schön und interessant. Jetzt wollen wir das letzte Teilstück bis Porrentruy anpacken und dort eine Übernachtungsmöglichkeit suchen. Letzteres war dann nicht ganz so einfach, da ein Hotel nach dem andern «ausgebucht» verkündete. Schliesslich erhielten wir im Hotel Bellevue offenbar das letzte Zimmer. Glück gehabt.
Der zweite Tag beginnt für uns in Porrentruy. Zuerst fahren wir auf der Nr. 64 ein kleines Stück zurück bis Courgenay. Dort suchen wir den Einstieg in die Nr. 7, die Jura-Route, die bis Saignelégier führt. Der erste Aufstieg führt an St. Ursanne vorbei und wird ergänzt durch weitere Aufstiege in die Freiberge. Wir staunen nicht schlecht, als wir mehreren Personen ohne unterstützende Batterie begegnen. Ok, die waren alle jünger als wir und doch will ich vor allem den Kindern meinen Respekt für diese Leistung zollen. Es ist eine herrliche und reizvolle Landschaft, die ich sehr gerne wieder aufsuchen werde, auch wenn der Aufstieg, selbst bei mildem Wetter, schweisstreibend ist. Nach Saignelégier fahren wir weiter über den Mont Soleil mit seinen Windrädern und durch die beschauliche Landschaft bis nach La Chaux-de-Fonds. Was für ein herrlicher Ausflug. Doch ohne Batterie hätten wir früher Halt gemacht.
Im Hotel Fleur de Lys stellen wir fest, dass wohl viele Velofahrer unterwegs sind. Die Veloräume im Parterre und im ersten Stock sind voll besetzt. Wir sollen unsere Velos im zweiten Stock abstellen. Am nächsten Tag stellen wir fest, dass sogar der dritte Stock mit Fahrrädern belegt wurde!
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Es ist kurz vor 09:00 Uhr als wir uns am dritten Tag auf den Rückweg machen. In La Chaux-de-Fonds wählen wir die Veloroute Nr. 22 hinauf auf die Vue des Alpes. Leider ist es etwas stark bewölkt, so dass wir kein Bergpanorama erblicken. Den Tête de Ran lassen wir aus und fahren auf der Hauptstrasse via Boudevilliers und Valangin direkt hinunter nach Neuchâtel. Die Strasse ist kaum befahren und in fantastischem Zustand, so dass man ohne Angst auf Schlaglöcher den Berg hinunter sausen kann. Vor Neuchâtel halten wir Ausschau nach den Wegweisern in Richtung Hauterive, St. Blaise und Cornaux. So können wir parallel zum Uferweg fahren, der zurzeit infolge Hochwassers des Neuenburger Sees noch immer gesperrt ist. In Le Landeron gönnen wir uns in der Altstadt unter Platanen einen Tee. Gerne hätte ich hier zu Mittag gegessen, doch es ist noch viel zu früh dazu. Also beschliessen wir über La Neuveville bis nach Biel zu fahren.
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Ab La Neuveville ist der Weg frei, so dass wir dem Ufer des Bielersees entlangfahren können. Umso erstaunter sind wir daher, als kurz vor Ligerz die erste Unterführung gleich Brust hoch mit Wasser gefüllt ist. Niemand fährt unten durch. Alle setzen ihren Weg zwischen den Ranken der Reben fort. Auch wir. Doch bei der nächsten Unterführung ist Schluss. Der Weg weiter dem See entlang ist gesperrt. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als die Unterführung zu nutzen, die hier zum Glück nicht ganz so hoch gefüllt ist. Werner versucht mit Schuss hindurch zu gelangen, ist dann aber doch gezwungen in die Pedalen zu treten und zieht nasse Schuhe raus. Ich und Nachfolgende ziehen daher Schuhe und Socken aus… Das war lustig! Ab hier, fahren wir auf gesicherter Strasse bis in die Bieler Altstadt, wo ich die Batterie mal wieder lade und wir uns verköstigen.
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Da noch immer vor Unterspülungen und Hochwasser gewarnt wird, meiden wir den Weg der Aare entlang und fahren auf der Jurasüdfuss-Route, der Nr. 50, via Pieterlen nach Altreu und Solothurn. Manchmal ist es gut neue Wege und damit auch neue Landschaften kennenzulernen. Gerade um Pieterlen bin ich Reiz der Natur überrascht.
Und zum Schluss gilt es von Solothurn wieder hinauf nach Günsberg zu fahren.
Es waren herrliche drei Tage, mit durchschnittlich 80 – 95 km/Tag im Fahrradsattel.